Perspektive Simone: Braucht jede Marke einen Markenclaim?

Auf den ersten Blick wird in der Welt des Brandings oft unterstellt, dass jede Marke einen Claim benötigt. Stimmt das aber wirklich? Mit einigen Jahren Erfahrung in Markenstrategien wage ich die These: Nicht jede Marke braucht zwangsläufig einen Claim – und in manchen Fällen ist es sogar besser, darauf zu verzichten. Warum, das erfährst du hier.

Die Macht eines prägnanten Markenclaims

Ein treffender Markenclaim kann zweifellos ein mächtiges Instrument sein. Er verdichtet das Markenversprechen in wenige, einprägsame Worte und schafft damit einen unmittelbaren Wiedererkennungswert. Denken wir an Nike’s „Just Do It“ oder BMW’s „Freude am Fahren“ – diese Claims sind nicht nur Slogans, sondern verdichten die Kernessenz der Marke in eine griffige Formel. (Mein langjähriger Lieblingsclaim „Nichts ist unmöglich“ hielt sich 15 Jahre an der Marke Toyota und wurde dann ersetzt.)

Ein gelungener Claim:

  • transportiert das zentrale Markenversprechen
  • differenziert die Marke vom Wettbewerb
  • ist authentisch und glaubwürdig
  • bietet Orientierung für interne und externe Kommunikation
  • schafft emotionale Verbindung zur Zielgruppe


Die Risiken eines schwachen Markenclaims

Doch ein Claim um des Claims willen kann mehr schaden als nutzen. Ein schwacher oder beliebiger Claim verwässert die Markenbotschaft und kann sogar die Glaubwürdigkeit der Marke beschädigen. Besonders problematisch wird es, wenn:

  • der Markenclaim nicht zur Markenidentität passt
  • er austauschbar und beliebig wirkt
  • die Organisation sich nicht damit identifiziert
  • er nicht authentisch gelebt werden kann
  • er keine echte Differenzierung schafft


Wann der Verzicht die bessere Wahl ist

Es gibt durchaus erfolgreiche Marken, die bewusst auf einen Claim verzichten. Apple beispielsweise kommuniziert seine Markenwerte durch Design, Nutzererleben und Produktinnovation – ganz ohne festgeschriebenen Claim. Der Verzicht auf einen Claim kann die richtige Strategie sein, wenn:

  • die Markenidentität auch ohne Claim klar erkennbar ist
  • kein wirklich treffender Claim gefunden wurde
  • die Organisation sich nicht geschlossen hinter einem Claim vereinen kann
  • andere Markenelemente die Positionierung bereits stark transportieren
  • Flexibilität in der Kommunikation gewünscht ist


Fazit: Qualität vor Konvention

Die Entscheidung für oder gegen einen Claim sollte nie aus reiner Konvention getroffen werden. Ein Claim ist kein Muss, sondern ein optionales Werkzeug der Markenführung. Wenn er das Markenversprechen prägnant auf den Punkt bringt und von der gesamten Organisation getragen wird, kann er enormen Mehrwert schaffen. Fehlen diese Voraussetzungen, ist der Verzicht auf einen Claim die mutigere und oft bessere Entscheidung.

Die wahre Kunst der Markenführung liegt nicht darin, allen Konventionen zu folgen, sondern die richtigen Instrumente für die individuelle Markenstrategie auszuwählen. Ein authentischer Markenauftritt ohne Claim ist dabei einer beliebigen Phrase stets vorzuziehen.

Mehr Beiträge